Durchbruch bei abhörsicherer Kommunikation – Europa rückt bei Quantenverschlüsselung nach vorn:
Dank ihrer Immunität gegenüber Cyberangriffen bietet die Quantenkommunikation im Vergleich zu klassischen Telekommunikationslösungen einzigartige Sicherheitsvorteile und gilt als Schlüsseltechnologie für die sichere Datenübertragung der Zukunft. Kürzlich gelang es einem Forscherteam, Quantenschlüsselverteilung (engl. Quantum Key Distribution, QKD) unter realen Bedingungen – im bestehenden Glasfasernetz der Deutschen Telekom – erfolgreich über eine bisher unerreichte Distanz von 254 km zwischen Frankfurt / Main und Kehl einzusetzen. Die Ergebnisse des Experiments wurden nun in einem Paper veröffentlicht.
Dabei musste die Quantenkommunikation parallel zu klassischen Kommunikationsdiensten betrieben werden – eine Herausforderung, da Signalstörungen, Temperaturschwankungen und Phasendrift die Stabilität erheblich beeinträchtigen können. Um diese Schwierigkeiten zu überwinden, setzten die Forschenden auf eine Kombination aus innovativer Phasensynchronisation, zeitlicher Stabilisierung und adaptiven Kalibrierungsalgorithmen. Zum Einsatz kamen Detektoren, die bei Raumtemperatur arbeiten, wodurch eine kostenintensive Kryokühlung entfiel. Anstelle der sonst üblichen SNSPDs (Superconducting Nanowire Single-Photon Detectors) wurden Avalanche-Photodioden verwendet – Halbleiterbauelemente, die zwar weniger effizient, dafür aber deutlich praxistauglicher sind. Die erzielte Schlüsselrate lag bei durchschnittlich 110 Bit pro Sekunde – zwar wenig spektakulär, für eine quantengesicherte Übertragung über mehr als 250 km jedoch ein bedeutender technologischer Durchbruch.
Für das Projekt nutzten die Forschenden Twin-Field-QKD (TF-QKD), ein Verfahren, das besonders bei großen Distanzen eine effiziente Skalierung ermöglicht. Dabei treffen zwei von den Kommunikationspartnern ausgesendete Lichtpulse in der Mitte – hier in Darmstadt – aufeinander und interferieren. Diese quantenmechanische Interferenz erlaubt es, Rückschlüsse auf die versendeten Zustände zu ziehen, ohne diese auslesen zu müssen. Während klassische Protokolle wie BB84 ab rund 100 Kilometern stark an Leistung verlieren, bleibt TF-QKD auch darüber hinaus stabil. Ein weiteres zentrales Merkmal der Umsetzung in Frankfurt war der Einsatz des Measurement-Device-Independent-Ansatzes: Selbst wenn der zentrale Messknoten durch eine dritte Partei gehackt oder manipuliert wird, bleibt die Sicherheit der Schlüsselübertragung erhalten. Diese Architektur eignet sich besonders für größere Netzwerke, bei denen nicht jeder Zwischenknoten vollständig kontrolliert werden kann.
Neben dem technischen Erfolg hat das Projekt auch eine strategische Dimension. Europa – und insbesondere Deutschland – kann im Bereich der digitalen Souveränität eine führende Rolle übernehmen. Zwar gibt es weltweit ähnliche Bestrebungen, doch die Integration von QKD in bestehende terrestrische Infrastrukturen stellt eine zusätzliche Komplexitätsstufe dar, die bislang kaum bewältigt wurde. Insgesamt zeigt sich, dass der Übergang von der Forschung in die praktische Anwendung nun gelungen ist.