Natio­na­le Kon­fe­renz IT-Sicher­heits­for­schung: Die digi­tal ver­netz­te Gesell­schaft stär­ken

SQuaD und QuN­ET stel­len bei der Natio­na­len IT-Sicher­heits­for­schungs­kon­fe­renz des BMBF aus:

Vom 13. bis 15. März 2023 fand in Ber­lin die Natio­na­le Kon­fe­renz IT-Sicher­heits­for­schung statt. Mehr als 300 Teil­neh­men­de aus Wis­sen­schaft, Wirt­schaft und Poli­tik dis­ku­tier­ten an den drei Tagen The­men wie die siche­re Gestal­tung der hyper­kon­nek­ti­ven Gesell­schaft, den siche­ren Umgang mit Künst­li­cher Intel­li­genz (KI), Quan­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on oder tech­no­lo­gi­sche Sou­ve­rä­ni­tät in der IT-Sicher­heit. Ein­ge­läu­tet wur­de die BMBF-Kon­fe­renz mit einem öffent­li­chen Vor­abend­pro­gramm am 13. März unter dem Mot­to „Digi­tal und ver­netzt – IT-Sicher­heit im All­tag“, bei dem sich die Teil­neh­men­de in ent­spann­ter Atmo­sphä­re ken­nen­ler­nen konn­ten und vier For­schen­de bei einem Sci­ence Slam unter­halt­sam ihre Arbeit prä­sen­tier­ten. Dr. Con­stan­ze Kurz, Spre­che­rin des Cha­os Com­pu­ter Clubs, hielt einen kurz­wei­li­gen Vor­trag zum The­ma „Sicher leben, wenn alles ver­netzt ist?“. Con­stan­ze Kurz, die auch für Netzpolitik.org als Jour­na­lis­tin arbei­tet, kon­sta­tier­te dar­in eine gewis­se Sät­ti­gung der Öffent­lich­keit im Hin­blick auf Nach­rich­ten zu Cyber­si­cher­heits­vor­fäl­len. Sie for­der­te, dass For­schen­de sich gera­de des­halb immer wie­der in den öffent­li­chen Dis­kurs ein­mi­schen soll­ten, um die Auf­merk­sam­keit für das wich­ti­ge The­ma Cyber­si­cher­heit hoch­zu­hal­ten und in Betracht kom­men­de Lösun­gen publik zu machen.

Bet­ti­na Stark-Watz­in­ger: „Cyber­si­cher­heit ist Achil­les­fer­se unse­rer hyper­ver­netz­ten Welt“

Der ers­te Kon­fe­renz­tag stand ganz im Zei­chen des Leit­the­mas „Sicher in die Hyper­kon­nek­ti­vi­tät“, das in unter­schied­li­chen Facet­ten beleuch­tet wur­de. „Cyber­si­cher­heit ist die Achil­les­fer­se unse­rer hyper­ver­netz­ten Welt – gera­de in Zei­ten wie die­sen“, sag­te die Bun­des­mi­nis­te­rin für Bil­dung und For­schung Bet­ti­na Stark-Watz­in­ger in ihrer Eröff­nungs­re­de zur Kon­fe­renz und nahm dar­in auch Bezug auf die Zei­ten­wen­de infol­ge des rus­si­schen Angriffs­kriegs gegen die Ukrai­ne.

Die Minis­te­rin stell­te her­aus, dass das BMBF mit sei­ner jüngst ver­öf­fent­lich­ten Agen­da Cyber­si­cher­heits­for­schung in der ver­än­der­ten Welt­la­ge aktiv The­men wie digi­ta­le Sicher­heit für eine hyper­kon­nek­ti­ve Gesell­schaft oder tech­no­lo­gi­sche Sou­ve­rä­ni­tät ange­he. Ziel sei es, den Rah­men für eine wirk­sa­me For­schung zu schaf­fen, die wesent­lich dazu bei­trägt, die digi­tal ver­netz­te Gesell­schaft zu stär­ken und Abhän­gig­kei­ten zu redu­zie­ren. Hier­bei kom­me der IT-Sicher­heits­for­schung eine Schlüs­sel­rol­le zu, so die Minis­te­rin.

In sei­ner Ope­ning-Key­note „Quo vadis IT-Sicher­heits­for­schung in Deutsch­land?“ for­der­te der Grün­dungs­di­rek­tor des Helm­holtz-Zen­trums für Infor­ma­ti­ons­si­cher­heit CISPA und inter­na­tio­nal renom­mier­te IT-Sicher­heits­for­scher, Prof. Micha­el Backes, „dis­rup­ti­ve Fort­schrit­te“, um das „ewi­ge Wett­rüs­ten“ in der Cyber­si­cher­heit zu über­win­den. Als fünf größ­te Her­aus­for­de­run­gen für die IT-Sicher­heits­for­schung sieht der Lei­ter des For­schungs­zen­trums: (1) Ver­trau­ens­wür­di­ge KI, (2) die Erken­nung, Abwehr und Attri­bu­ti­on von Cyber­an­grif­fen, (3) beweis­ba­re Sicher­heit, (4) fun­dier­te Grund­la­gen im Hin­blick auf den Fak­tor Mensch und (5) Post-Quan­ten-Kryp­to­gra­fie. Eine zen­tra­le Her­aus­for­de­rung sei es zudem, Fach­kräf­te zu gewin­nen bzw. aus­zu­bil­den. Denn ohne aus­rei­chend Fach­kräf­te sei­en signi­fi­kan­te Fort­schrit­te auf allen genann­ten Fel­dern der IT-Sicher­heits­for­schung nicht zu erzie­len.

Prof. Backes stell­te her­aus, dass Deutsch­land in der IT-Sicher­heits­for­schung her­vor­ra­gend auf­ge­stellt sei, mitt­ler­wei­le sogar in der Welt viel­fach als Vor­bild gel­te. Die vom CISPA-CEO erläu­ter­ten The­men wur­den mit unter­schied­li­chen Schwer­punk­ten auch im wei­te­ren Kon­fe­renz­pro­gramm behan­delt.

Trans­fer als zen­tra­les The­ma für die IT-Sicher­heits­for­schung

Bei einem Panel am ers­ten Kon­fe­renz­tag dis­ku­tier­ten Vertreter:innen aus Wis­sen­schaft, Wirt­schaft, Poli­tik und Ver­wal­tung, wie der Trans­fer der IT-Sicher­heits­for­schung in den digi­ta­len All­tag bes­ser gelin­gen kann. Schnell waren sich die Teil­neh­men­den einig, dass bei dem The­ma deut­li­ches Ver­bes­se­rungs­po­ten­zi­al besteht. Eine enge Zusam­men­ar­beit zwi­schen For­schung, Wirt­schaft und Gesell­schaft sei uner­läss­lich, um viel­ver­spre­chen­de Lösun­gen aus der For­schung schnell und effek­tiv umzu­set­zen. Mario Bran­den­burg, Par­la­men­ta­ri­scher Staats­se­kre­tär bei der Bun­des­mi­nis­te­rin für Bil­dung und For­schung, beton­te, dass es auch dar­auf ankom­me, den Infor­ma­ti­ons- und Ver­ständ­nis­fluss zu opti­mie­ren. Einig war man sich dar­in, dass für einen bes­se­ren Trans­fer Unter­neh­mens­grün­dun­gen best­mög­lich geför­dert wer­den soll­ten. Hier nann­te Prof. Micha­el Waid­ner, Lei­ter des Natio­na­len For­schungs­zen­trums für Cyber­si­cher­heit ATHENE, bei­spiels­wei­se die BMBF-Grün­dungs­in­itia­ti­ve Start­Up­Se­cu­re als vor­bild­lich. Der Pro­fes­sor beton­te auch die Not­wen­dig­keit, Expe­ri­men­tier­räu­me zu schaf­fen, in denen viel­ver­spre­chen­de Lösun­gen ohne zu strik­te regu­la­to­ri­sche Vor­ga­ben aus­pro­biert wer­den kön­nen.

In der Dis­kus­si­on gab es auch eini­ge Rei­bungs­punk­te. Dr.-Ing. Kai Jan­sen von der Phy­sec GmbH hob die Bedeu­tung von Inno­va­ti­on und Schnel­lig­keit in der IT-Sicher­heit her­vor, was ins­be­son­de­re für Start-ups enorm wich­tig sei. Er plä­dier­te unter ande­rem dafür, die heu­te unein­heit­li­chen, häu­fig grün­dungs­un­freund­li­chen Rege­lun­gen zur kom­mer­zi­el­len Nut­zung von For­schungs­er­geb­nis­sen im uni­ver­si­tä­ren Umfeld abzu­bau­en. Es sol­le ein­fa­cher wer­den, mit­hil­fe viel­ver­spre­chen­der Lösun­gen aus der Wis­sen­schaft ein Unter­neh­men star­ten zu kön­nen. Dr. h. c. Marit Han­sen vom Unab­hän­gi­gen Lan­des­zen­trum für Daten­schutz Schles­wig-Hol­stein warn­te dage­gen vor den mög­li­chen nega­ti­ven Aus­wir­kun­gen, wenn zuguns­ten der Schnel­lig­keit ethi­sche und daten­schutz­recht­li­che Fra­gen bei der Umset­zung von IT-Sicher­heits­lö­sun­gen nicht aus­rei­chend berück­sich­tigt wür­den. BMBF-Ver­tre­ter Mario Bran­den­burg lenk­te den Blick dar­auf, das The­ma Trans­fer nicht auf Unter­neh­mens­grün­dun­gen zu redu­zie­ren, son­dern über­grei­fend in Form von Trans­fer­com­mu­ni­ties zu den­ken, also den gesam­ten Kol­la­bo­ra­ti­ons­zy­klus im Blick zu haben.

Bei einem Rund­gang durch die kon­fe­renz­be­glei­ten­de Aus­stel­lung ver­schaff­te sich der Par­la­men­ta­ri­sche Staats­se­kre­tär einen Über­blick über die Band­brei­te von Pro­jek­ten in der IT-Sicher­heits­for­schung. „Letzt­lich geht es bei all die­sen The­men um nichts Gerin­ge­res als die Sicher­heit und Sou­ve­rä­ni­tät unse­rer Gesell­schaft – in der heu­ti­gen Zeit wich­tig wie nie“, unter­strich er.

Abwechs­lungs­rei­che Ses­si­ons zu den zen­tra­len Her­aus­for­de­run­gen für die For­schung

In ins­ge­samt neun Ses­si­ons prä­sen­tier­ten For­schen­de unter­schied­li­cher Dis­zi­pli­nen ihre The­men. Bei­spiels­wei­se ging es unter der Mode­ra­ti­on von Prof. Lui­gi Lo Iaco­no, Pro­fes­sor für Infor­ma­ti­ons­si­cher­heit an der Hoch­schu­le Bonn-Rhein-Sieg, um das The­ma „Usable Secu­ri­ty“. Eine der füh­ren­den For­schen­den auf die­sem Feld ist Prof. Mar­ti­na Ange­la Sas­se, Lei­te­rin des Lehr­stuhls Human-Cent­red Secu­ri­ty am Horst-Görtz-Insti­tut für IT-Sicher­heit (HGI) der Ruhr-Uni­ver­si­tät Bochum.

In ihrem Vor­trag plä­dier­te sie dafür, von brei­ten Awa­re­ness-Kam­pa­gnen Abstand zu neh­men und statt­des­sen Nutzer:innen ganz gezielt auf dem Weg zur Ver­hal­tens­än­de­rung zu unter­stüt­zen. Dabei stell­te sie häu­fig genann­te Glau­bens­sät­ze wie den von der „Schwach­stel­le Mensch in der IT-Sicher­heit“ infra­ge. Sol­che men­ta­len Model­le wie­sen in die fal­sche Rich­tung; viel­mehr müs­se es dar­um gehen, Nutzer:innen ziel­grup­pen­ge­recht anzu­spre­chen. Dies bedeu­te, dass man mehr IT-Sicher­heit nur errei­chen kann, wenn man genau erforscht, wel­che Argu­men­ta­tio­nen bei wel­chen Ziel­grup­pen zu einer tat­säch­li­chen Ver­hal­tens­än­de­rung im Sin­ne der IT-Sicher­heit füh­ren. Das von Frau Prof. Sas­se gelei­te­te For­schungs­pro­jekt „Digi­Fit“ beschäf­ti­ge sich mit eben­sol­chen The­men.

Der letz­te Kon­fe­renz­tag fokus­sier­te das The­ma „IT-Sicher­heit und tech­no­lo­gi­sche Sou­ve­rä­ni­tät“. Vor die­sem Hin­ter­grund prä­sen­tier­ten For­schen­de Zwi­schen­er­geb­nis­se aus der „Grand Chall­enge der Quan­ten­kom­mu­ni­ka­ti­on“. In den fol­gen­den Ses­si­ons ging es um The­men wie inter­na­tio­na­le Koope­ra­tio­nen, For­schung gegen Fake News und Grün­den mit Start­Up­Se­cu­re. Den Abschluss der Kon­fe­renz bil­de­te eine Podi­ums­dis­kus­si­on mit dem Titel „IT-Sicher­heits­for­schung für die Zei­ten­wen­de: Visi­on tech­no­lo­gi­sche Sou­ve­rä­ni­tät?“

Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on: For­schung zu den Men­schen brin­gen

Wäh­rend der gesam­ten Kon­fe­renz stan­den auch Quer­schnitts­the­men im Blick­punkt – so etwa die Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on. Dabei ging es dar­um, wie For­schen­de ihre The­men best­mög­lich in die Öffent­lich­keit ver­mit­teln kön­nen. Wel­che For­ma­te und Metho­den sich hier­zu anbie­ten, wur­de bei­spiels­wei­se in einer eige­nen Ses­si­on anhand von Best Prac­ti­ces wie einem Serious Game, des stra­te­gi­schen Ein­sat­zes von Pod­casts oder For­schen­den­netz­wer­ken dis­ku­tiert. Zudem spiel­te die Wis­sen­schafts­kom­mu­ni­ka­ti­on auch bei vie­len wei­te­ren Pro­gramm­punk­ten eine Rol­le, bei­spiels­wei­se im Kon­text des For­schungs­trans­fers. Und auch im Begleit­pro­gramm der Kon­fe­renz spie­gel­te sich wider, wie bedeut­sam es ist, nicht nur exzel­len­te For­schung zu betrei­ben, son­dern die­se auch so zu kom­mu­ni­zie­ren, dass sie Men­schen außer­halb der Gemein­schaft der For­schen­den erreicht. Bei der Kon­fe­renz sorg­ten der bereits erwähn­te Sci­ence Slam und ein Ideen­wett­be­werb „IT-Sicher­heits­for­schung in Kari­ka­tu­ren“ für beson­ders unter­halt­sa­me und zugleich infor­ma­ti­ve Momen­te. Abschlie­ßend stell­te Mode­ra­to­rin Car­men Hent­schel die Fra­ge „Was neh­men Sie aus die­ser Kon­fe­renz mit?“. Bezeich­nen­der­wei­se ant­wor­te­ten die meis­ten Teil­neh­men­den mit „Kon­tak­te“ und „Ver­net­zung“. Nach einer lan­gen Zeit pan­de­mie­be­ding­ter Ein­schrän­kun­gen zeigt dies, dass per­sön­li­che Inter­ak­tio­nen und Gesprä­che auch in einer digi­ta­len Welt wert­voll und nur schwer zu erset­zen sind.

Foto: Die Natio­na­le Kon­fe­renz IT-Sicher­heits­for­schung fand im Cafe Mos­kau in Ber­lin statt.

Foto­nach­weis: © BMBF/bundesfoto/Bernd Lam­mel

Quel­len­nach­weis: https://www.forschung-it-sicherheit-kommunikationssysteme.de/service/aktuelles/nationale-konferenz-it-sicherheitsforschung